Vietnams neues Investitionsgesetz
Perfekt abgestimmt mit dem im August letzten Jahres ratifizierten EU-Vietnam Freihandelsabkommen (EVFTA) und dem voraussichtlich in diesem Jahr in Kraft tretenden Investitionsschutzabkommen (EVIPA) hat Vietnam seit dem 1. Januar 2021 ein neues Investitionsgesetz. Dadurch sollen in noch stärkerem Maße ausländische Investitionen ins Land geholt werden.
Das neue Investitionsgesetz wird Synergien erzeugen, die dem aufstrebenden Vietnam helfen werden, nach der Covid-19-Pandemie schnell wieder an seine Erfolgsgeschichte der letzten Jahre mit einem Wirtschaftswachstum von bis zu über 7% anzuknüpfen. Es ist somit ein neuer Mosaikstein innerhalb der Repositionierungsstrategie des Landes. Denn Vietnam möchte aus der Covid-19 Krise gestärkt hervorgehen. Ausländische Direktinvestitionen (FDI) waren stets ein wichtiger Faktor für Vietnams sozioökonomisches Wachstum. Aus diesem Grund soll das Investitionsgesetz, besonders in Kombination mit EVFTA und EVIPA, nun Investitionen aus Europa fördern.
Mit diesem Gesetz zeigt Vietnam seine Aufgeschlossenheit gegenüber Investoren aus anderen Ländern, die vor allem Rechtssicherheit brauchen. Vietnam wird damit noch attraktiver als bisher. Für Investoren aus Europa ist in Bezug auf die Rechtsicherheit besonders die Verbindung des Investitionsgesetzes mit dem EVIPA relevant.
Das neue Investitionsgesetz trägt dazu bei, zuvor bestehende Überschneidungen der Investitionsgesetze zu beenden und die Auswahlkriterien für Investitionen transparenter zu gestalten. Dies schließt Bieterverfahren bei der Investorenauswahl, die Vergabe von Lizenzen für Investoren und Investitionsvorhaben sowie Landnutzungsrechte und deren Vergabe ein. Ausländische Investoren sowie die lizenzerteilenden Behörden sparen durch das neue Investitionsgesetz Zeit und Geld bei der Beantragung und Genehmigung von Investitionsvorhaben. Zusätzlich werden Anreize geschaffen, die ausländische Investoren anziehen sollen. Einige sorgsam ausgewählte Investitionsbereiche werden mit besonderen Anreizen versehen, um qualitativ hochwertige Investitionen ins Land zu holen. Diese Sektoren, worunter High-Tech, IT, Forschung und Entwicklung und erneuerbare Energien fallen, sollen Vietnams Wirtschaft auf ein höheres Niveau heben. Auch die Investitionsprozesse im Bereich Mergers and Acquisitions, also Fusionen und Übernahmen, Restrukturierungen oder Konsolidierungen von Unternehmensbereichen, werden für ausländische Investoren vereinfacht. Besonders gefördert werden durch das neue Gesetz auch die Herstellung medizinischer Ausstattung und sämtlicher Arzneimittel sowie Investitionen in den Bereichen der Berufsschul- und Hochschulbildung sowie in Senioren- und Kinderheimen.
Die Liste der für Investitionen beschränkten Sektoren wurde von zuvor 267 Geschäftsfeldern auf 227 reduziert. Logistikdienstleistungen und Franchising werden in Zukunft nicht mehr beschränkt. Neue Beschränkungen wurden dagegen für das Geschäft mit der Wasserversorgung und Dienstleistungen im Architekturbereich festgelegt.
Ganz wesentlich ist, dass Vietnam mit dem neuen Investitionsgesetz eine weitgehende Gleichbehandlung in- und ausländischer Investoren einführt. Ausgenommen ist lediglich eine eng gefasste „Negativliste für den Marktzugang“. Nach dem neuen Investitionsgesetz sollen „Marktzugangsbedingungen“ nur für ausländische Investoren gelten, „Investitionsbedingungen“ dagegen für alle Investoren.
Ab dem 1. Januar 2021 gilt in Vietnam auch ein neues Investitionsgesetz bezüglich öffentlich-privater Partnerschaften (PPP). Danach darf die Beteiligung des Staates an sogenannten PPP-Projekten 50 Prozent der Gesamtinvestitionen nicht übersteigen. PPP sind dabei in folgenden fünf Bereichen zulässig: Transport, Stromnetze, Versorgung mit sauberem Wasser sowie IT-Infrastruktur.
Vietnam im Handelskrieg zwischen den USA und China
Im Handelskrieg zwischen den USA und China kann Vietnam seine Importe und Exporte sowie ausländische Direktinvestitionen diversifizieren, indem die EU als neutrale dritte Partei einbezogen wird. Denn die Lage für Vietnam mit den Vereinigten Staaten als Hauptexportmarkt und China als größtem Handelspartner konfrontiert das Land mit einer schwierigen Situation. Das EVFTA ist für Vietnam also ein wichtiger Bestandteil seiner neuen Ausrichtungsstrategie im amerikanisch-chinesischen Handelskonflikt.
Das Investitionsschutzabkommen EU-Vietnam (EVIPA)
Das Europäische Parlament hatte am 12. Februar 2020 seine Zustimmung zum Investitionsschutzabkommen zwischen der Europäischen Union (EU) und Vietnam gegeben. Ratifiziert wurde dieses Abkommen von Vietnam am 8. Juni 2020. Es bedarf nun noch der Ratifizierung durch alle EU-Mitgliedstaaten. Sobald dieser Ratifizierungsprozess abgeschlossen sein wird, tritt das Investitionsschutzabkommen in Kraft. Es wird die bestehenden bilateralen Investitionsschutzverträge zwischen Vietnam und EU-Mitgliedstaaten ersetzen. Mit Deutschland besteht bis dahin der Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Republik Vietnam über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen, der 1993 ausgehandelt wurde und seit 1998 in Kraft ist.
Im Zusammenhang mit den beiden Abkommen mit der EU trägt das neue Investitionsgesetz zu einer weiteren Attraktivitätssteigerung Vietnams als Partnerland für die deutsche Wirtschaft bei.
Ein Artikel von Ludwig Graf Westarp, BVMW Repräsentant Vietnam, und Professor Dr. Andreas Stoffers, Landesdirektor der Friedrich Naumann Stiftung für die Freiheit in Vietnam